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1*Pennsylvania College of Optometry at Salus University, Optometrie Cagnolati GmbH, Duisburg, Germany

In einer bemerkenswerten Publikation beschäftigt sich die Wissenschaftlerin Gemma Almond von der Swansea University in Wales mit den frühen Anfängen der britischen Augenoptik und späteren Optometrie.1 Äußerst präzise beschreibt die Autorin die Entwicklung der britischen Optiker in den späten 1890er Jahren vom Optiker (Optician) zum Ophthalmic Optician (Augenoptiker) und heutigen Optometristen auch als Folge der Publikation von F. C. Donders „Über den refraktiven und akkommodativen Zustand des Auges“ im Jahr 1864 und der Erfindung des Ophthalmoskops von Hermann von Helmholtz im Jahr 1851.

Während sich bis zur Mitte des neunzehnten Jahrhunderts in Großbritannien Fehlsichtige bei einem Optiker durch Ausprobieren unterschiedlicher Brillen mit der für sie „richtigen“ Sehhilfe versorgten, reklamierten fortan Ophthalmologen im Kontext des neueren Verständnisses über die Physiologie und Pathologie des Auges für sich die Zuständigkeit für den Komplex der Refraktionsfehler. Hieraus entwickelte sich ein jahrzehntelanger Prozess der Professionalisierung der britischen Optiker auch im Diskurs mit den britischen Ophthalmologen, welcher im ersten Optician Act im Jahr 1958 endete und die Stellung des damaligen Ophthalmic Optician und heutigen Optometristen klar definierte.

Verfolgt man diesen historischen Prozess in der Publikation von Almond, so erkennt der Leser die Wichtigkeit einer eigenen wissenschaftlichen und klinischen Theoriebildung, welche ein wichtiger Beitrag in der Professionalisierung der britischen Optometrie war.

Efron et al. widmen sich in diesem Zusammenhang in einem neueren Paper unter anderem dem wissenschaftlichen Stellenwert von Optometrie-Journalen im Kontext der Anzahl von Publikationen, in welchen klinische und wissenschaftliche Arbeiten aus Journalen der Optometrie zitiert wurden.2 Grundlage hierfür war eine Analyse von publizierten Arbeiten auf der Scopus-Datenbank, auf welcher 18 Optometrie-Journale gelistet sind. Die Datenanalyse ergab, dass rund 6.000 wissenschaftliche Publikationen aus Optometrie-Journalen jährlich in anderen wissenschaftlichen und klinischen Arbeiten zitiert werden. Die vier wichtigsten Länder, welche auf Veröffentlichungen aus Optometrie-Journalen verweisen, sind die USA, UK, Australien und Deutschland. Die höchste Anzahl an zitierten Arbeiten aus diesen Journalen fanden sich in Publikationen in „Investigative Ophthalmology & Visual Science“, „Ophthalmology“ und „Vision Research“. Dies verdeutlicht das hohe Niveau von Veröffentlichungen in Journalen der Optometrie und deren Akzeptanz im Bereich der Ophthalmologie und Vision Science.

Eine adäquate klinische und wissenschaftliche Ausbildung ist eine Voraussetzung für jeden Gesundheitsberuf und definiert dessen berufliche Autorität. Dies gilt für die Optometrie gleichermaßen wie für andere Gesundheitsberufe.

Mit zwei Beiträgen aus der Optometrie und zwei Publikationen aus der Ophthalmologie ist die aktuelle Optometry & Contact Lenses (OCL) auch in diesem Kontext wieder bemüht, interessante Fortbildungsartikel für die Angehörigen beider Eye-Care-Berufe zu präsentieren.

Wolfgang Cagnolati


[1] Almond, G. (2021). Vision Testing in Late Nineteenth- and Early TwentiethCentury Britain: Opticians, Medical Practitioners and the Battle for Professional Authority. Soc. Hist. Med., 35, 1, 237-258.

[2] Efron, N., Morgan, P. B., Jones, L. W., Nichols, J. J. (2023).Who cites optometry journals? J. Optom., 16, 296-304.