Hyperopie bei Kindern
1971 publizierte der amerikanische Optometrist Theodore Grosvenor mit dem Titel „The neglected hyperope“ ein bemerkenswertes Paper zum Thema Hyperopie.1 Grosvenor diskutierte in dieser Publikation unter anderem das Missverhältnis zwischen der Anzahl der Publikation zur Hyperopie im Vergleich zur Myopie und verwies unter anderem auf Duke Elder, welcher sich in seinem historischen „Textbook of Ophthalmology, Volume IV“ auf nur zwölf Seiten dem Thema Hyperopie aber auf 48 Seiten der Myopie widmet.2 Auch der Cumulative Index des American Journal of Optometry zeigte 1968 für die zurückliegenden 44 Jahre 95 Referenzen zur Myopie und nur 25 zur Hyperopie, was einem Verhältnis von 1 : 3,8 entspricht. Ein ähnliches Verhältnis ergab eine PubMed Recherche am 21. Oktober 2023 mit 29.834 Publikationen zur Myopie und 5.556 zur Hyperopie, was wiederum einem Verhältnis von 1 : 5,36 entspricht. Zwar finden wir heute eine deutliche Zunahme an Publikationen zur Hyperopie – das Verhältnis Myopieveröffentlichungen versus Hyperopieveröffentlichungen hat sich aber gegenüber den von Grosvenor 1971 publizierten Daten nicht wesentlich verändert.
Eine neuere interessante klinische Studie bezüglich der Hyperopie sowie deren Auswirkungen auf unterschiedliche Sehfunktionen wurde kürzlich von Hopkins et al. in der renommierten englischen Fachzeitschrift Ophthalmic and Physiological Optics (OPO) publiziert.3 Integriert in die klinische Studie waren 280 Kinder zweier australischer Schulen mit einem Durchschnittsalter von 11,7 ± 3,38 Jahre. 49 Prozent der Kinder waren männlich; 41 Prozent der Studienteilnehmer gaben an, dass bei ihnen in der Vergangenheit schon eine Augenuntersuchung von einem Optometristen durchgeführt wurde beziehungsweise sie an einem Sehscreening teilgenommen hatten. Bei den teilnehmenden Kindern wurde eine umfassende Augenuntersuchung durch erfahrene Optometristen in einem ruhigen Klassenzimmer ihrer Schule durchgeführt.
Der als Teil der vollen Augenuntersuchung durchgeführte Sehtest umfasste unter anderem die Visusbestimmung in der Ferne und Nähe sowie die Quantifizierung der Stereopsis. Die objektive Refraktion wurde in Zykloplegie (Tropicamid 1 %) mittels des Freisicht-Autorefrakto-Keratometer NVision-K5001 ermittelt. Kinder mit einer Hyperopie von ≥ +2 dpt in einem oder beiden Augen wurden als klinisch signifikant hyperop klassifiziert. Ein sphärischer Refraktionsfehler (> 0,00 und < +2,00 dpt) galt als emmetrop beziehungsweise gering hyperop. Als ein Ergebnis zeigte sich bei 32 (12 Prozent) der überprüften Kinder eine klinisch signifikante Hyperopie sowie bei 225 Kindern (86 Prozent) eine Emmetropie beziehungsweise eine geringe Hyperopie. Signifikante Unterschiede in der Sehfunktion bestanden zwischen den Kindern mit einer klinisch signifikanten Hyperopie und denen mit einer Emmetropie beziehungsweise geringen Hyperopie.
Die umfangreiche Studie zeigte einmal mehr die Wichtigkeit frühzeitiger frühkindlicher Augenuntersuchungen und/oder Sehscreenings. Gerade die frühkindliche Hyperopie mit ihrem partiellen Einfluss auf die visuelle Nahsehleistung sollte in diesem Kontext eine vermehrte Aufmerksamkeit erhalten.
In diesem Sinne wünsche ich allen Lesern und Autoren auch für das neue Jahr 2024 weiterhin alles Gute und viel Freude an der OCL.
References
[1] Grosvenor, T. (1971). The neglected hyperope. Am. J. Optom. Arch. Am.Acad. Optom. 48, 376-382.
[2] Duke-Elder, S. (1949). Text-Book of Ophthalmology. Vol. IV: The Neurology of Vision; Motor and Optical Anomalies. St. Louis, C. V. Mosby Co., pp. 4444-4450.
[3] Hopkins, S., Read, S. A., Cox, R. A., Oduro, B. A., Strang, N., Wood, J. M. (2023). Hyperopia in schoolchildren: Investigating the impact on vision and determining appropriate methods for screening. Ophthalmic Physiol. Opt., 00, 1-10.