Kontaktlinsen-Forschung heute
Auch mehr als 100 Jahre nach der Veröffentlichung der Doktorarbeit von Adolf Fick „Eine Contactbrille“ im Jahr 1888 1 ist das Thema Kontaktlinsen weiterhin Inhalt einer Vielzahl jährlicher Publikationen in wissenschaftlichen Journalen. Schaut man sich in diesem Kontext die Anzahl an Veröffentlichungen im Gesamtbereich Kontaktlinsen für das Jahr 2024 an, so findet der Leser nach der Eingabe „Contact Lens Research“ 371 Publikationen auf der medizinischen Datenbank „PubMed“ der National Library of Medicine alleine für die Zeitspanne von Januar 2024 bis zum 23. September 2024.
Zu diesen Publikationen gehört ein interessantes Paper von Walther et al. zum Thema „Zentrierung weicher Kontaktlinsen auf dem Auge“.2 In der publizierten Studie waren 101 augengesunde Kontaktlinsenträger im Alter von 18 bis 68 Jahren involviert, welche zum Zeitpunkt der Überprüfung des Linsensitzes die Kontaktlinsen eine Stunde trugen, bevor eine Bewertung des Sitzverhaltens vorgenommen wurde. Die Grenzen der Kontaktlinsen sowie der Pupillen und der Hornhaut (Limbus) wurden mit einer eigens entwickelten und validierten Bildanalysesoftware bestimmt. Die Auswertung ergab unter anderem, dass in der Regel moderne weiche Kontaktlinsen gut zentriert auf Hornhaut und Limbus aber signifikant (p < 0,001) relativ zur Pupillenmitte dezentrierten [sowohl temporal −0,23 mm (−0,26, −0,20) als auch inferior −0,08 mm (−0,12, −0,04)].
Ein weiteres interessantes Paper „Frequency-encoded eye tracking smart contact lens for human–machine interaction” wurde von Zhu et al. ebenfalls in diesem Jahr publiziert.3 In ihrem Paper schlagen die Autoren eine biokompatible Kontaktlinse unter anderem für die Kontrolle von Blickbewegungen vor. Durch die Verwendung einer Frequenzkodierung kann die chip- und batterielose Linse erfolgreich Blickbewegungen aber auch ein Augenschließen erkennen. Mit Hilfe eines zeitsequenziellen Augenverfolgungsalgorithmus bietet die Linse eine hohe Winkelgenauigkeit von < 0,5°, was sogar geringer als der Sehbereich der zentralen Fovea ist.
Neben der Untersuchung von Augenbewegungen werden smarte Kontaktlinsen seit geraumer Zeit verstärkt auch für den Einsatz in verschiedenen Bereichen des Gesundheitsmonitoring diskutiert. Hierzu gehören unter anderem die Messung der Augeninnendrucks oder auch die Kontrolle des Glukosespiegels bei Diabetespatienten. In diesem Zusammenhang diskutieren Shi et al. in ihrer 2024er Arbeit „Contact lens sensor for ocular inflammation monitoring“ den Einsatz einer smarten Kontaktlinse für die Messung des Ascorbinsäure (AA)-Gehalts in der Tränenflüssigkeit.4 Ausgehend von der Tatsache, dass der AA-Gehalt in Tränen eng mit Augenentzündungen assoziiert ist, wurde ein wiederverwendbarer fluoreszierender Kontaktlinsensensor zum Nachweis der AA-Menge in der Tränenflüssigkeit eingesetzt. Der für die Bestimmung des AA-Gehalts notwendige Fluoreszenzsensor wurde in einem TRIS [Tris(hydroxymethyl) aminomethan] Puffer in eine mikrofluidische Kontaktlinse eingekapselt. Um eine Point-of-Care-Detektion zu erreichen, wurden die Fluoreszenzsignale in Graustufenwerte umgewandelt. Zur Erkennung der Fluoreszenzsignale wurde eine Smartphone-App entwickelt.
Die drei vorgestellten Publikationen verdeutlichen exemplarisch die Bandbreite der heutigen Kontaktlinsenforschung und die hiermit verbundene notwendige Fort- und Weiterbildung für die involvierten Kliniker und Wissenschaftler.
Quellen:
[1] Fick, A. E. (1888). Eine Contactbrille. Archiv für Augenheilkunde 18, 3, 279-289.
[2] Walther, G., Meyer, D., Richards, J., Rickert, M., Kollbaum, P. (2024). On-eye centration of soft contact lenses. Ophthalmic Physiol. Opt., 44, 737-745.
[3] Zhu, H., Yang, H., Xu, S., Ma, Y., Zhu, S., Mao, Z., Chen, W., Hu, Z., Pan, R., Xu, Y., Xiong, Y., Chen, Y., Lu, Y., Ning, X., Jiang, D., Yuan, S., Xu, F. (2024). Frequency- encoded eye tracking smart contact lens for human-machine interaction. Nat. Commun., 15, 3588.
[4] Shi, Y., Wang, L., Hu, Y., Zhang, Y., Le, W., Liu, G., Tomaschek, M., Jiang, N., Yetisen, A. K. (2024). Contact lens sensor for ocular inflammation monitoring. Biosens. Bioelectron., 249, 116003.